Dieses Reisetagebuch beschreibt einen Strafprozess vor einer Wirtschaftsstrafkammer im Lockdown mit insgesamt 6 Angeklagten und 12 Verteidigern, aus Sicht eines Berliner Strafverteidigers.

Lockdown – eine Hauptverhandlung in Krisenzeiten. Ein Reisetagebuch in mehreren Teilen: Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4 gab es schon. Heute nun Teil 5 meines Reisetagebuches.

Lockdown, Hauptverhandlung, Wirtschaftstrafverfahren
Das „Zeitfeld“ von Klaus Rinke im Volksgarten Düsseldof

Die heutige Hauptverhandlung ist zu Ende. Was machen Strafverteidiger in einer fremden Stadt, wenn der Forsetzungstermin schon um 15.00 Uhr endet und alles geschlossen ist?

Mit Alles, meine ich auch Alles. Alle Kneipen, Restaurants, Kinos, Theater, Galerien, selbst die Kantine im Gericht ist geschlossen. Hauptverhandlungen in Strafverfahren sind meist sehr anstrengend. Nach einer mehrstündigen Verhandlung, auch mit einer einstündigen Mittagspause, ist der Strafverteidiger platt und braucht ein bisschen Ablenkung. Dies gilt vor allem, wenn er auswärtig verhandelt.

Üblicherweise geht er dann in die City, schaut sich die Innenstadt an, kehrt in ein Restaurant oder in eine gemütliche Kneipe ein. Isst gepflegt zu Abend und geht vielleicht noch anschließend ins Kino.

Nur wo findet man im Lockdown Bewegung und Abwechslung ausserhalb des Gerichtssaales?

Nirgends – ist die Antwort. Ausser vielleicht im naheliegenden Stadtpark. Nur wenige Minuten von meinem Hotel liegt ein Park mit einer interessanten Installation.

Was bleibt anderes, als Spazieren gehen?

In der Nähe meines Hotels befindet sich der Volksgarten Düsseldorf, der zu dieser Jahreszeit, mit dem nasskalten ungemütlichen Wetter, nicht gerade eine Augenweide ist. Aber es ist wenigstens ein Park. In diesem befindet sich eine Skulptur, bestehend aus 24 Bahnhofsuhren, die alle im Gleichklang laufen und die Vergänglichkeit der Zeit symbolisieren. Das Werk heisst sinnigerweise „Zeitfeld“ und ist von Klaus Rinke. Erstellt wurde es zur Bundesgartenschau 1987. Mir gefällt diese Installation, weil sie so schön in unsere Zeit passt. Sie passt auch zu meinem Wirtschaftsstrafprozess. Gericht und Staatsanwaltschaft möchten möglichst wenig Zeit auf den Prozess verwenden und zu einem schnellen Urteil kommen. Die Verteidiger kämpfen um die Zeit, die sie für Ihre Mandanten und deren Verteidigung brauchen. Die 24 Bahnhofsuhren ticken jedoch für beide Seiten gleich schnell.